Referentenentwurf zur Betreuervergütung

Der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen (BdB) belegt in einem aktuellen Gutachten des Instituts für Freie Berufe (IFB), dass massive finanzielle Einbußen drohen, sollte der Referentenentwurf zur Reform der Betreuervergütung Gesetz werden.


Gutachten belegt Einbußen von bis zu 7,6 Prozent

„Die im Refe­ren­ten­ent­wurf ange­kün­dig­te durch­schnitt­li­che Ver­gü­tungs­er­hö­hung um 12,7 Pro­zent wird klar ver­fehlt“, for­mu­liert der Ver­band in sei­ner Stel­lung­nah­me zum Gesetz­ent­wurf, die dem Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Jus­tiz (BMJ) vor­liegt.

Die Unter­su­chung des IFB im Auf­trag des Ver­bands belegt, dass das Gros der Berufsbetreuer*innen im neu­en Ver­gü­tungs­sys­tems mit monat­li­chen Umsatz­ein­bu­ßen zwi­schen 4,7 Pro­zent und 7,6 Pro­zent zu rech­nen hat. Dies betrifft vor allem Kon­stel­la­tio­nen, in denen mit­tel­lo­se Klient*innen betreut wer­den, die in der eige­nen Woh­nung leben. Die Mehr­heit der Klient*innen.

Die Ergeb­nis­se der Stu­die wer­den durch Bei­spiel­rech­nun­gen zahl­rei­cher BdB-Mit­glie­der unter­mau­ert. Der Vor­sit­zen­de des BdB Thors­ten Becker: „Die Zah­len spre­chen eine kla­re Spra­che. Bei einem weit über­wie­gen­den Teil der beruf­li­chen Betreu­un­gen der Klient*innen ab dem zwei­ten Betreu­ungs­jahr han­delt es sich um mit­tel­lo­se Men­schen.“

Und wei­ter: „Wir alle stel­len uns die Fra­ge, war­um das BMJ den erheb­li­chen Auf­wand einer Online-Befra­gung sowie die Durch­füh­rung einer Expert*innen-Arbeitsgruppe – an der auch der BdB betei­ligt war – unter­nom­men hat, wenn die nahe­zu alle Erkennt­nis­se und kla­re  Emp­feh­lun­gen der Exper­ten unbe­ach­tet blei­ben.“

Ungerechte Vereinfachung und Qualitätsverlust

Der Ent­wurf führt zu einer unge­rech­ten Ver­ein­fa­chung des Ver­gü­tungs­sys­tems. Zwar wird die Anzahl der Fall­kon­stel­la­tio­nen von 60 auf 8 redu­ziert, was der BdB im Grund­satz begrüßt und gefor­dert hat. Jedoch blei­ben zen­tra­le Kri­te­ri­en bestehen, wie die Unter­schei­dung zwi­schen mit­tel­lo­sen und nicht mit­tel­lo­sen Betreu­ten – ohne empi­ri­sche Bele­ge. Beson­ders kri­tisch sieht der BdB, dass Qua­li­täts­an­rei­ze geop­fert wer­den. Thors­ten Becker: „Das neue Sys­tem gin­ge klar zu Las­ten der Qua­li­tät in der recht­li­chen Betreu­ung und damit zu Las­ten der Klient*innen.“

Fazit: Reformziele klar verfehlt

Zusam­men­fas­send stellt der BdB fest, dass der Refe­ren­ten­ent­wurf nicht nur das Ziel einer Anhe­bung der Betreu­er­ver­gü­tung um 12,7 Pro­zent ver­fehlt, son­dern auch kei­ne inne­re Logik erken­nen las­se. Thors­ten Becker: „Das erklär­te Ziel des Gesetz­ent­wurfs, die Betreu­er­ver­gü­tung grund­le­gend neu zu struk­tu­rie­ren, zu ver­ein­fa­chen und ein leis­tungs­ge­rech­tes Ver­gü­tungs­sys­tem zu schaf­fen, ist kläg­lich geschei­tert. Der Ent­wurf beruht auf fal­schen oder unkla­ren Para­me­tern, was zu inkon­sis­ten­ten, unbe­frie­di­gen­den und teils schlicht inak­zep­ta­blen Ergeb­nis­sen führt. Das geplan­te Gesetz bedroht den Kern eines gan­zen Berufs­stan­des.“

Der BdB for­dert eine tief­grei­fen­de Über­ar­bei­tung des Ent­wurfs, um eine gerech­te, leis­tungs­ge­rech­te und qua­li­täts­för­dern­de Ver­gü­tung der Berufsbetreuer*innen sicher­zu­stel­len.

Unterschriftenaktion und Videokampagne

Der Ent­wurf hat in der gesam­ten Betreu­ungs­bran­che für Ent­set­zen gesorgt. Berufsbetreuer*innen pro­tes­tie­ren bun­des­weit. So hat Chris­ti­an Morg­ner, Spre­cher der BdB-Lan­des­grup­pe Bre­men, eine Unter­schrif­ten­ak­ti­on gestar­tet, um eine Ände­rung des Refe­ren­ten­ent­wurfs zu erwir­ken. In weni­gen Tagen sam­mel­te er fast 14.000 Unter­schrif­ten ein. Zu den Unter­zeich­nen­den gehö­ren neben Berufsbetreuer*innen und Betreu­ungs­ver­ei­nen auch die Lebens­hil­fe Bre­men, die geschlos­sen hin­ter der Akti­on steht.

Bun­des­weit gibt es rund 16.000 Berufsbetreuer*innen. Vie­le wen­den sich auf ver­schie­de­nen Social Media Kanä­len mit Video­state­ments direkt an Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter Mar­co Busch­mann. Sie legen ihre Situa­ti­on dar, legen Zah­len vor und for­dern die Über­ar­bei­tung des Gesetz­ent­wurfs.

Mehr Informationen

www.berufsbetreuung.de | BdB-Ver­gü­tungs­kam­pa­gne | Lin­ke­din

Über den BdB

Der Bun­des­ver­band der Berufsbetreuer*innen (BdB) ist mit 8.000 Mit­glie­dern die größ­te Inter­es­sen­ver­tre­tung des Berufs­stan­des. Er ist die kol­le­gia­le Hei­mat sei­ner Mit­glie­der und macht Poli­tik für ihre Inter­es­sen. Er stärkt sei­ne Mit­glie­der dar­in, Men­schen mit Betreu­ungs­be­darf pro­fes­sio­nell zu unter­stüt­zen, ein Leben nach eige­nen Wün­schen und Vor­stel­lun­gen zu füh­ren – selbst­be­stimmt und geschützt.

Der BdB wur­de 1994 gegrün­det – zwei Jah­re, nach­dem mit dem Betreu­ungs­ge­setz Kon­zep­te wie „Ent­mün­di­gung“ und „Vor­mund­schaft“ für Erwach­se­ne abge­löst wur­den. Bereits damals lei­te­te ihn der Gedan­ke, Men­schen mit Betreu­ungs­be­darf in Deutsch­land pro­fes­sio­nell zu unter­stüt­zen, so dass sie ein mög­lichst selbst­be­stimm­tes Leben füh­ren kön­nen.
Mit sei­ner fach­li­chen Exper­ti­se und viel Idea­lis­mus setz­te sich der Ver­band bereits früh­zei­tig für mehr gesell­schaft­li­che Teil­ha­be betreu­ter Per­so­nen ein, wie sie erst spä­ter gesetz­lich ver­an­kert wur­de.

Han­deln und Ent­schei­dun­gen der BdB-Mit­glie­der basie­ren auf dem­sel­ben huma­nis­ti­schen Men­schen­bild, das auch der UN-Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on von 1948 und der UN-Behin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on von 2006 zugrun­de liegt.

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