ARTE/ARD: Die Spaltung der Welt

Die sechsteilige dokumentarische Drama-Serie erzählt reale Schicksale und folgt den Lebenswegen unter anderem von Wernher von Braun, Nikita Chruschtschow und Golda Meir.

Sechs Menschen, ihre Träume und ihre Kämpfe

Ab 31. Oktober in den Mediatheken von ARTE und ARD

Als Kom­bi­na­ti­on aus auf­wen­di­gen Spiel­sze­nen, Augen­zeu­gen­be­rich­ten und neu kolo­rier­tem Archiv­ma­te­ri­al doku­men­tiert die Rei­he die Zeit vom Zwei­ten Welt­krieg bis in die 1960er Jah­re, die Epo­che der Spal­tung der Welt in Ost und West und der begin­nen­den Deko­lo­nia­li­sie­rung.

Mit „Die Spal­tung der Welt: 1939–1962“ setzt das Team um Head­au­tor Jan Peter und LOOKS­film-Pro­du­zent Gun­nar Dedio die bei­den mehr­fach preis­ge­krön­ten, trans­na­tio­nal erzähl­ten his­to­ri­schen Seri­en „14 – Tage­bü­cher des Ers­ten Welt­kriegs“ (2014) und „Krieg der Träu­me“ (2018) fort. Die sechs­tei­li­ge doku­men­ta­ri­sche Dra­ma-Serie arbei­tet mit wenig bekann­ten Archiv­auf­nah­men, die für die­se Pro­duk­ti­on erst­mals kolo­riert wur­den. Dadurch ent­steht eine so nie dage­we­se­ne emo­tio­na­le Nähe der Hand­lung, ein Gefühl für die Zeit, ein Ein­tau­chen in den Moment des Gesche­hens.

Folge 1: Der Traum vom Mond

© LOOKSfilm/Valerie Fid­ler

1939: In Euro­pa beginnt der Zwei­te Welt­krieg. Der jun­ge Inge­nieur Wern­her von Braun will zum Mond, stellt sich aber in den Dienst der Nazis, um Rake­ten für den Krieg zu bau­en. Zur sel­ben Zeit beginnt Joan Hin­ton ihr Stu­di­um in den USA. Begeis­tert stürzt sie sich in die Atom­phy­sik-For­schung – als eine der weni­gen Frau­en ihrer Zeit. Sie ahnt bereits die glo­ba­le Bedro­hung, die durch die Kern­spal­tung ent­ste­hen wird. Die Zahl der Kriegs­flücht­lin­ge aus Euro­pa steigt gewal­tig. Im bri­ti­schen Man­dats­ge­biet Paläs­ti­na setzt sich Gol­da Meir dafür ein, dass die geflo­he­nen Juden dort Schutz fin­den.

Wern­her von Braun will die Erobe­rung des Mon­des durch den Men­schen zur Rea­li­tät machen. Und das um jeden Preis: 1937 wird er Lei­ter der neu gegrün­de­ten Hee­res­ver­suchs­an­stalt Pee­ne­mün­de, wo er für die SS „Wun­der­waf­fen“ ent­wi­ckelt. Zehn­tau­sen­de Zwangs­ar­bei­ter ver­lie­ren bei der Fer­ti­gung der V2-Rake­ten ihr Leben. Nach dem Zwei­ten Welt­krieg wird Wern­her von Braun Pro­mi­nenz in der US-ame­ri­ka­ni­schen Rake­ten­for­schung. Sein Traum von der bemann­ten Mond­lan­dung geht 1969 in Erfül­lung. Sei­ne Mit­ver­ant­wor­tung für die NS-Ver­bre­chen wird lan­ge ver­drängt.

© Bild­quel­le NASA

Folge 2: Der Garten vor der Mauer

© LOOKSfilm/Tobias Fritzsch

Hed­wig Höß und ihre Fami­lie bezie­hen 1941 ein neu­es Zuhau­se in Ausch­witz. Ihr Ehe­mann Rudolf ist dort Kom­man­dant des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers. Vol­ler Stolz rich­tet sie die Dienst­vil­la mit Gar­ten ein – ein schein­bar wah­res Idyll im Schat­ten der Mau­er am Todes­la­ger. Aus dem KZ her­aus­ge­schmug­gelt ist die Nach­richt, die Gol­da Meir in Tel Aviv liest: Die Nazis ermor­den sys­te­ma­tisch Juden. Zugleich rücken deut­sche Trup­pen in Nord­afri­ka vor. In Kiew wird Niki­ta Chruscht­schow vom Ein­marsch der Wehr­macht in die Sowjet­uni­on über­rascht. Getrie­ben von Sta­lin ver­sucht er, sei­ne Fami­lie zu ret­ten und sein Land zu ver­tei­di­gen.

Hed­wig Höß wird 1908 in der Ober­lau­sitz gebo­ren. Schon früh ist sie eine glü­hen­de Anhän­ge­rin der deutsch­völ­ki­schen Ideo­lo­gie. Rudolf Höß’ SS-Kar­rie­re führt die Fami­lie 1941 schließ­lich in das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Ausch­witz im besetz­ten Polen. Hed­wig will den Ort für ihre Kin­der als eine Art Para­dies gestal­ten. Sie stat­tet dabei das Haus und ihre Fami­lie auch mit den Hab­se­lig­kei­ten aus, die den tod­ge­weih­ten Häft­lin­gen geraubt wur­den.

© Insti­tut für Zeit­ge­schich­te

Folge 3: Durchhalten um jeden Preis

© SWR/LOOKSfilm/Mateusz Wich­lacz

Niki­ta Chruscht­schows Kampf um Sta­lin­grad wird ent­schei­dend für den Kriegs­ver­lauf. Ihn erreicht eine dra­ma­ti­sche Mel­dung: Sein ältes­ter Sohn Leo­nid gilt als ver­misst. Ist er gefal­len oder gar deser­tiert? Obwohl alli­ier­te Bom­ben­an­grif­fe inzwi­schen das Deut­sche Reich über­zie­hen, kann Wern­her von Braun einen Durch­bruch bei sei­nem Rake­ten­pro­jekt fei­ern. Doch dann lässt er sich auf einen grau­sa­men Deal mit der SS ein. Frantz Fanon von der fran­zö­si­schen Kari­bik­in­sel Mar­ti­ni­que mel­det sich frei­wil­lig zum Kriegs­dienst. Als Schwar­zer erlebt er den täg­li­chen Ras­sis­mus in der fran­zö­si­schen Armee.

Niki­ta Chruscht­schow kommt 1894 in der heu­ti­gen Ukrai­ne als Sohn einer Bau­ern­fa­mi­lie zur Welt, steigt aber zeit sei­nes Lebens zum mäch­tigs­ten Mann der Sowjet­uni­on auf. Wie kein ande­rer Poli­ti­ker die­ser Zeit prägt er den Kal­ten Krieg.

© IMAGO Images

Folge 4: Little Boy

© SWR/LOOKSfilm/Tobias Fritzsch

1944 wird Joan Hin­ton für das streng gehei­me „Man­hat­tan-Pro­jekt“ in Los Ala­mos ange­wor­ben. Der jun­ge Sol­dat Frantz Fanon ris­kiert sein Leben bei der Befrei­ung des Elsass. Der Ras­sis­mus in der Armee lässt ihn zwei­feln, ob er wirk­lich auf der rich­ti­gen Sei­te steht. Nach der deut­schen Kapi­tu­la­ti­on flieht Hed­wig Höß vor den Alli­ier­ten, wird ver­haf­tet und muss sich ent­schei­den, ob sie ihren Mann ver­rät. Zur sel­ben Zeit been­den die Ame­ri­ka­ner den Welt­krieg im Pazi­fik mit den Atom­bom­ben­ab­wür­fen auf Hiro­shi­ma und Naga­sa­ki. Joan Hin­ton ist erschüt­tert. Der Krieg ist vor­bei – doch zu wel­chem Preis?

Unter der Lei­tung von Nobel­preis­trä­ger Enri­co Fer­mi arbei­tet die hart­nä­cki­ge Phy­si­ke­rin Joan Hin­ton in einem klei­nen Labor­team an nuklea­ren Waf­fen. Der Ein­satz der Atom­bom­ben in Hiro­shi­ma und Naga­sa­ki lei­tet eine radi­ka­le Wen­de in ihrem Leben ein. Sie gibt ihre Pro­mo­ti­on in Chi­ca­go auf und geht 1948 nach Chi­na, um dort mit ihrer Fami­lie in einem Land­wirt­schafts­be­trieb zu arbei­ten. Sie wird kom­plett aus den Anna­len der US-Atom­for­schung getilgt.

© Ben­ning­ton Col­lege

Folge 5: Heiliges Land

© SWR/LOOKSfilm/Mateusz Wich­lacz

1947 wird Gol­da Meirs größ­ter Traum wahr: Die neu gegrün­de­ten Ver­ein­ten Natio­nen beschlie­ßen die Tei­lung Paläs­ti­nas in einen jüdi­schen und einen ara­bi­schen Staat. Doch die Grün­dung Isra­els stößt auf hef­ti­gen Wider­stand in der ara­bi­schen Welt. Als der neue Staat aus­ge­ru­fen wird, stürzt die­ser sofort in einen bewaff­ne­ten Kon­flikt. Die Phy­si­ke­rin Joan Hin­ton ver­lässt die USA, als ihr klar wird, dass das US-Mili­tär sie bezahlt. Sie geht zu ihrem Ver­lob­ten nach Chi­na, wo ein kom­mu­nis­ti­scher Staat gegrün­det wer­den soll. Wern­her von Braun wird in die USA geholt, um dort wei­ter Rake­ten zu ent­wi­ckeln.

Die anti­se­mi­ti­sche Gewalt, die sie wäh­rend ihrer Kind­heit erlebt, ver­an­lasst Gol­da Meir und ihre Fami­lie zur Emi­gra­ti­on in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten. 1921 zieht sie mit ihrem Ehe­mann Mor­ris ins bri­ti­sche Man­dats­ge­biet Paläs­ti­na. Wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs kämpft sie mit allen Mit­teln dafür, dass jüdi­sche Flücht­lin­ge dort Zuflucht fin­den. Nach dem Krieg ist sie maß­geb­lich an der Grün­dung des Staa­tes Isra­el betei­ligt und wird zur bis­her ein­zi­gen Pre­mier­mi­nis­te­rin Isra­els ernannt.

© Uni­ver­si­ty of Wis­con­sin-Mil­wau­kee

Folge 6: Eine neue Ära

© SWR/LOOKSfilm/Mateusz Wich­lacz

Frantz Fanon nimmt 1952 eine Stel­le als Chef­arzt im größ­ten psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus Fran­zö­sisch-Alge­ri­ens an. Kurz dar­auf bre­chen dort Auf­stän­de aus, um die Unab­hän­gig­keit von Frank­reich zu errei­chen. In Mos­kau ver­än­dert der Tod Sta­lins 1953 alles. Niki­ta Chruscht­schow wird neu­er Par­tei­chef der Sowjet­uni­on und ver­kün­det eine radi­ka­le Wen­de. Joan Hin­ton bringt in Chi­na ihren zwei­ten Sohn zur Welt. Statt Kern­waf­fen zu ent­wi­ckeln, möch­te sie ihr tech­ni­sches Wis­sen nun für fried­li­che Zwe­cke nut­zen – in einer Welt, die immer tie­fer gespal­ten ist.

Frantz Fanon stu­diert nach dem Krieg in Lyon Medi­zin und Phi­lo­so­phie als einer der weni­gen schwar­zen Stu­den­ten an der Uni­ver­si­tät. Sei­ne Bücher wid­men sich dem All­tags­ras­sis­mus, den er erlebt und gel­ten bis heu­te als Mani­fes­te des Anti­ko­lo­nia­lis­mus. Mal­com X, die „Black Pan­ther Par­ty“ oder „Black Lives Mat­ter“ sind von sei­nen Wer­ken beein­flusst.

© public domain

Ausstrahlung

Online: ARTE/Das Ers­te ab 31. Okto­ber, alle 6 Epi­so­den in bei­den Media­the­ken
Line­ar: ARTE am 5./6. Novem­ber, je 20.15 Uhr, je 3 Epi­so­den
Line­ar: Das Ers­te am 11. Novem­ber, Epi­so­de 1 um 22.50 Uhr, Epi­so­de 2 um 23.40 Uhr

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: LOOKS­film.

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