Belastung für Städte und Gemeinden

„Auf Städte und Gemeinden werden große Personalprobleme und hohe Kosten zukommen, sollte die Reform der Betreuervergütung scheitern“, sagt der Vorsitzende des Bundesverbands der Berufsbetreuer*innen (BdB) Thorsten Becker.

Bundesverband der Berufsbetreuer*innen warnt

„Kom­mu­nen wird es immer schwe­rer fal­len, qua­li­fi­zier­te Betreuer*innen zu gewin­nen. Das wird dazu füh­ren, dass immer mehr Behördenmitarbeiter*innen Betreu­un­gen über­neh­men müs­sen. Und das wird teu­er für Städ­te und Gemein­den!“

Appell an Städte und Gemeinden

In Schrei­ben an die Prä­si­den­ten des Deut­schen Städ­te­tags und des Deut­schen Land­kreis­ta­ges appel­liert der BdB, sich auf poli­ti­scher Ebe­ne für ein neu­es Ver­gü­tungs­sys­tem stark zu machen. Thors­ten Becker: „Eine leis­tungs­ge­rech­te Ver­gü­tung für Betreu­ungs­ver­ei­ne und Berufsbetreuer*innen ist ganz und gar in Ihrem Inter­es­se.“

Zur­zeit wird auf Bun­des­ebe­ne ein Vor­schlag für eine neue Ver­gü­tungs­re­ge­lung erar­bei­tet. Ein refor­mier­tes Ver­gü­tungs­sys­tem könn­te Anfang des Jah­res 2026 in Kraft tre­ten. Doch wur­de bis­her noch kein Gesetz­ent­wurf vor­ge­legt. Thors­ten Becker: „2025 endet die Legis­la­tur, ein neu­er Bun­des­tag wird gewählt. Das Zeit­fens­ter für die Reform schließt sich. Das müs­sen Städ­te und Kom­mu­nen ernst neh­men. Machen Sie Druck!“

Eine neue Rege­lung müs­se auch Vor­ga­ben für eine regel­mä­ßi­ge Anpas­sung machen, for­dert der BdB: „Damit künf­ti­ge Preis­stei­ge­run­gen nicht erneut zu einer Unter­fi­nan­zie­rung des Sys­tems Betreu­ung füh­ren“, sagt Thors­ten Becker.

Unzureichende Finanzierung

Der BdB weist dar­auf hin, dass die Ver­gü­tung für selbst­stän­di­ge Berufsbetreuer*innen und Betreu­ungs­ver­ei­ne seit Jah­ren nicht aus­reicht, um die Kos­ten der Betreu­ungs­tä­tig­keit und die stei­gen­den Lebens­hal­tungs­kos­ten zu decken. Trotz eines vor­über­ge­hen­den Infla­ti­ons­aus­gleichs, der auf die Jah­re 2024 und 2025 befris­tet ist, kämp­fen vie­le Berufsbetreuer*innen und Betreu­ungs­ver­ei­ne mit finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten. Thors­ten Becker: „In mehr als 20 Jah­ren gab es gera­de mal eine Ver­gü­tungs­er­hö­hung – im Jahr 2019. Leis­tungs­ge­recht ist die Ver­gü­tung nach wie vor nicht. Das hat Fol­gen: Etli­che Ver­ei­ne und Betreu­er­bü­ros muss­ten bereits ihre Tätig­keit ein­stel­len oder die Anzahl der betreu­ten Men­schen redu­zie­ren.“

Vie­le beruf­li­che Betreuer*innen wan­dern zudem in ande­re, bes­ser bezahl­te Tätig­kei­ten ab:  „Nach­wuchs­kräf­te kön­nen wir auf­grund der schlech­ten Rah­men­be­din­gun­gen kaum noch gewin­nen. Unser eigent­lich schö­ner Beruf ist für jun­ge Leu­te nicht attrak­tiv. Dem gegen­über steht, dass in den kom­men­den Jah­re etwa 30 Pro­zent der Berufsbetreuer*innen in Ren­te gehen wer­den. Da wird bald eine rie­si­ge Lücke klaf­fen“, warnt Thors­ten Becker.

Berufsbetreuer*innen dringend gesucht

Immer weni­ger Berufsbetreuer*innen ste­hen zur Ver­fü­gung, wäh­rend der Bedarf an recht­li­cher Betreu­ung auf­grund der demo­gra­fi­schen Ent­wick­lung ste­tig steigt. Thors­ten Becker: „Wenn jedoch geeig­ne­te Betreuer*innen feh­len, müs­sen die ört­li­chen Betreu­ungs­be­hör­den ein­sprin­gen und gemäß § 1818 Abs. 4 BGB selbst die Betreu­un­gen über­neh­men – eine Auf­ga­be, die deut­lich höhe­re Kos­ten ver­ur­sa­chen und die kom­mu­na­len Haus­hal­te schwer belas­ten wird. Das kann unmög­lich im Inter­es­se der Städ­te und Kom­mu­nen sein.“

Unabhängige Interessenvertretung in Gefahr

1992 lös­te das Betreu­ungs­recht das alte Vor­mund­schafts­ge­setz ab. Ziel des Gesetz­ge­bers war es damals, dass Betreu­un­gen vor­ran­gig von unab­hän­gi­gen Ein­zel­per­so­nen geführt wer­den, um eine unab­hän­gi­ge Inter­es­sen­ver­tre­tung zu gewähr­leis­ten. Die­ses Ziel könn­te nicht mehr erreicht wer­den, wenn auf­grund der nicht aus­rei­chen­den Finan­zie­rung Betreu­un­gen in Zukunft in grö­ße­rem Aus­maß den Betreu­ungs­be­hör­den über­tra­gen wer­den müss­ten.

Mehr Informationen

www.berufsbetreuung.de | BdB-Ver­gü­tungs­kam­pa­gne | Lin­ke­din

Über den BdB

Der Bun­des­ver­band der Berufsbetreuer*innen (BdB) ist mit 8.000 Mit­glie­dern die größ­te Inter­es­sen­ver­tre­tung des Berufs­stan­des. Er ist die kol­le­gia­le Hei­mat sei­ner Mit­glie­der und macht Poli­tik für ihre Inter­es­sen. Er stärkt sei­ne Mit­glie­der dar­in, Men­schen mit Betreu­ungs­be­darf pro­fes­sio­nell zu unter­stüt­zen, ein Leben nach eige­nen Wün­schen und Vor­stel­lun­gen zu füh­ren – selbst­be­stimmt und geschützt.

Der BdB wur­de 1994 gegrün­det – zwei Jah­re, nach­dem mit dem Betreu­ungs­ge­setz Kon­zep­te wie „Ent­mün­di­gung“ und „Vor­mund­schaft“ für Erwach­se­ne abge­löst wur­den. Bereits damals lei­te­te ihn der Gedan­ke, Men­schen mit Betreu­ungs­be­darf in Deutsch­land pro­fes­sio­nell zu unter­stüt­zen, so dass sie ein mög­lichst selbst­be­stimm­tes Leben füh­ren kön­nen.
Mit sei­ner fach­li­chen Exper­ti­se und viel Idea­lis­mus setz­te sich der Ver­band bereits früh­zei­tig für mehr gesell­schaft­li­che Teil­ha­be betreu­ter Per­so­nen ein, wie sie erst spä­ter gesetz­lich ver­an­kert wur­de.

Han­deln und Ent­schei­dun­gen der BdB-Mit­glie­der basie­ren auf dem­sel­ben huma­nis­ti­schen Men­schen­bild, das auch der UN-Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on von 1948 und der UN-Behin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on von 2006 zugrun­de liegt.

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