Mit Gott an die Macht
William Franklin Graham, bekannt als Billy Graham, wird ab Ende der 1940er Jahre zum Gesicht des modernen Evangelikalismus. Mitten im Kalten Krieg etablierte sich der US-amerikanische Prediger als „Papst“ der Evangelikalen. Die christlich-konservative Bewegung verfolgt das Ziel verfolgt, den gesellschaftlichen Einfluss der Religion auszubauen.

Billy Graham © Artline Films/ARTE France
1 | Der große Kreuzzug
Grahams „großer Kreuzzug“ fasziniert die Massen weltweit ebenso wie die Eliten in Washington. Er fräst sich ins Bewusstsein der Menschen und wird in den folgenden Jahrzehnten von einer mächtigen politisch-religiösen Lobby vereinnahmt, die heute einen Kulturkampf im Namen Gottes führt.

Mitglieder der First Baptist Church in Dallas beim March for Eternal Life, der sich als Teil der Pro-Life-Bewegung gegen Schwangerschaftsabbrüche richtet © Artline Films/ARTE France
2 | Evangelikale an der Macht
Ab den 1970er Jahren ist die Säkularisierung Amerikas den evangelikalen Anführern zunehmend ein Dorn im Auge. In einer Gesellschaft, die sie als dekadent anprangern, setzen sie auf die Wahrung familiärer Werte und verwandeln den Evangelikalismus ganz nebenbei in ein politisches Sprungbrett. Archivbilder und Interviews mit evangelikalen Aussteigern verdeutlichen diesen Wendepunkt in der Geschichte der Bewegung, dessen ideologische Auswirkungen bis heute spürbar sind. Den Anfang machen die USA und Brasilien, wo die Evangelikalen ihre Agenda durchsetzen können, indem sie Donald Trump und Jair Bolsonaro an die Macht katapultieren.

Donald Trump (4.v.r.) und seine spirituelle Beraterin Paula White (4.v.l.) bei einer Versammlung der „Evangelicals for Trump“
© Artline Films/ARTE France
3 | Gott über allem?
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben es die Evangelikalen geschafft, an die Spitze der Macht zu gelangen. Sie exportieren ihre messianische Hoffnung auf die Rückkehr Christi auch ins Heilige Land. So bringen sie Donald Trump dazu, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Dieser symbolträchtige Schritt ist das Ergebnis geheimer Verhandlungen seiner evangelikalen Ratgeber und verleiht dem Präsidenten eine fast biblische Statur. Er trägt aber auch aktiv zum Wiedererwachen eines christlichen Nationalismus bei, der sich als treibende Kraft einiger gefährlicher sozialer, politischer und geopolitischer Umwälzungen erweist.

Donald Trump vor der St. John’s Church in Washington D.C. © Artline Films/ARTE France
Online verfügbar bis 30. August 2025
Die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) schreibt:
Die Doku macht deutlich: Die Wurzeln dieser Bewegung liegen in der Reformationszeit und der Gründungsphase der USA. Baptisten, Mennoniten und Puritaner wanderten wegen Verfolgung in Europa in die neu entdeckten Gebiete Amerikas aus, um ihre Version des christlichen Glaubens leben zu können. Allerdings: Auch in “the land of the free” gab es Glaubensspaltungen, Konkurrenz und Intoleranz: Liberale und soziale Strömungen der Evangelikalen bildeten sich ebenso heraus wie fundamentalistische und sich gegen Moderne, Sittenverfall und Materialismus abschottende Strömungen.





von links oben nach rechts unten: Yoido Full Gospel Church in Seoul, „Praying Hands“-Statue, Bühnenshow beim „Marsch für Jesus“ in São Paulo/Brasilien, Franklin Graham, Sohn von Billy Graham und Präsident der Billy Graham Evangelistic Association, Jair Bolsonaro beim „Marsch für Jesus“ in São Paolo © Artline Films/ARTE France